Sunday, September 17, 2017

FRENCH 2017 HANDKE SYMPOSIUM

http://blog.romanischestudien.de/cerisy-handke/
http://handke-scholar.blogspot.com/2017/09/french-2017-handke-symposium.html

....Den Abschluss bildete ein Gespräch, in dem Handke mit einer besonderen Klarheit und Eindringlichkeit Grundzüge seiner Poetik im Verhältnis zur Gegenwart benannte: Während die meisten Autoren heutzutage Romane als „Zeitchroniken“ im Realismus-Stil anstrebten, verstehe er sich als „Erzähler“ im Sinne des Epischen. Es sei nicht die Sprache an und für sich, die ihn interessiere, sondern die „epische Sprache“ oder das „rhythmisierte Erzählen“, deren Formen er immer wieder neu suche. Aber auch das heutzutage so populäre pseudo-epische Erzählen der Mündlichkeit strebe er nicht an, sondern das schriftlich-stumme epische Erzählen in langen Sätzen. Was das Verhältnis von Dichtung und Geschichtsschreibung angehe, so sei Sallust ihm immer wieder Vorbild. Dieses epische Erzählen sei aber heutzutage vom Zeitgeist sehr bedroht. Die Abgrenzungen, die Handke hier vornahm, erinnern an Benjamins Erzähler-Aufsatz, in dem Benjamin bereits Mitte der 1930er Jahre das Ende des Erzählens und das Aussterben der epischen Wahrheit angesichts des neuen, kurztaktigen Zeitrhythmus der journalistischen Information feststellte. Der Roman seiner Zeit war für Benjamin Ausdruck der „tiefe[n] Ratlosigkeit des Lebenden”. Wenn diese Konstellation auch heute noch zutrifft, so stellt sich wie schon zu Zeiten Benjamins, Döblins, Brochs und anderer die Frage, ob und wie das epische Erzählen den veränderten Zeiten gerecht werden kann...

http://blog.romanischestudien.de/cerisy-handke/



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Fazit: Die „Analyse der Zeit“ in der Woche von Cerisy war eine wichtige, vielleicht für das Verhältnis von Handke zu Frankreich besondere und einmalige Begegnung. Wie sehr das Verhältnis Handkes zu Frankreich seit den Diffamationen, die er in einem französischen Artikel zu Zeiten des Serbien-Krieges über sich lesen musste, noch immer belastet ist, zeigt Handkes abschließende Bemerkung, dass er noch immer auf eine Entschuldigung Frankreichs (wohlgemerkt nicht des betreffenden Journalisten) warte. Hier zeigt sich in aller Deutlichkeit, wie sehr das Ästhetische in die politisch-gesellschaftliche Zeit eingesponnen und von ihr angreifbar ist. Das Gespräch zwischen dem Autor und den Lesern (seien sie professionelle oder „Amateure“ im wörtlichen, französischen Sinne) führte durch die geschilderten Spannungen hindurch zu einem – um es mit Handke zu sagen – „Versuch über den geglückten Tag“. Die für 2018 zu erwartende französischsprachige Publikation der Tagungsbeiträge und zusätzlicher Materialien zum Autor und Werk lässt eine Neubelebung der Rezeption von Handkes Werk in Frankreich erwarten.




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